Panoramablick auf Lenggries, Brauneck und den Isarwinkel
©Tourismus Lenggries, Foto: A. Greiter

Pater Kerhoas und sein Werk

Am 04.03.1910 wird André Kerhoas in Plounéour-Trez, im Département Finistère geboren. Kurz vor Kriegsbeginn arbeitet der Salesianerpater als Lehrer in Saint-Dizier, im Département Haute-Marne, im Osten Frankreichs. 1940 kommt er in deutsche Kriegsgefangenschaft und lernt in dieser Zeit die deutsche Sprache. 1945 durchquert Kerhoas mit weiteren Kriegsgefangenen Deutschland und erlebt dabei die Schrecken der Konzentrationslager. Trotz seiner schlimmen Erfahrungen, will Kerhoas die beiden feindlichen Länder vereinen, damit so etwas nie wieder geschehen kann. „In meinem Unglück hatte ich das Glück, die zwei Gesichter Deutschlands zu erleben. Auf der einen Seite der grausame Nationalsozialismus und auf der anderen Seite die Not dieses Volkes.“

Nach seiner Rückkehr wird es Pater Kerhoas sehr schwer gemacht, über die erlebte deutsche Menschlichkeit während seiner Gefangenschaft zu berichten. „Wir hatten keinerlei Hasswörter füreinander, was die Leute, die in Frankreich geblieben waren, nicht verstanden“.

Im Jahre 1963 wird der deutsch-französische Freundschaftsvertrag von Konrad Adenauer und Charles De Gaulle unterzeichnet, mit dem Ziel, ein vereintes Europa zu fördern. Daraus resultiert auch die Gründung des Deutsch-Französischen-Jugendwerks.

Trotzdessen haben viele Franzosen immer noch eine karikaturenhafte Vorstellung von Deutschland. Um den bretonischen Jugendlichen zu zeigen, dass Deutschland nicht nur aus dem Nationalsozialismus besteht, will er 1965 zum ersten Mal mit bretonischen Jugendlichen nach Deutschland reisen. Er bittet das DFJW um finanzielle Unterstützung, erhält aber nur negative Antworten. Pater Kerhoas ist jedoch auf diese finanzielle Hilfe angewiesen. Also entscheidet er sich, nach Paris zu fahren, dort wird er von einem Sekretär des DFJW empfangen. Als Pater Kerhoas ihm erzählt, dass er die deutsche Sprache in 5 Jahren Kriegsgefangenschaft gelernt hat, sichert ihm der Sekretär die finanzielle Hilfe zu. Die erste bretonische Jugendgruppe fährt zunächst nach Benediktbeuern. Hier und auch 1966 in Lenggries und 1969 in Scharling am Tegernsee ist es jedoch schwierig Kontakt zwischen den jungen Bretonen und den Einheimischen aufzubauen. Pater Kerhoas gibt aber nicht auf und reist 1970 mit einer Gruppe erneut nach Lenggries und dieses Mal werden die Bretonen von fünf Lenggrieser Jugendlichen besucht. Freundschaften werden geschlossen und der erste Stein der Partnerschaft ist gelegt! Seitdem findet jährlich ein Jugendaustausch statt, bei welchem Pater Kerhoas immer den Besuch eines Konzentrationslagers seinem Programm beifügt. „Wir müssen es den Jugendlichen zeigen, damit Nichts in Vergessenheit gerät, damit es nie wieder vorkommt. Wir dürfen uns nicht mehr hassen“, sagt Pater Kerhoas. Zeuge eines Deutschlands mit zwei Gesichtern, hat er diese Lektion sehr früh gelernt.

Ohne die Zielstrebigkeit Pater Kerhoas hätte die Geschichte der Partnerschaft sehr früh beendet sein können.

Auch Bürgermeister Dr. Kaspar Seibold zeigt Interesse an der Verbindung dieser beiden Völker und nimmt Kontakt mit den Bretonen auf. Und so wird im Mai 1981 die offizielle Partnerschaftsurkunde zwischen Lenggries und den fünf bretonischen Gemeinden Plélo, Bringolo, Châtelaudren-Plouagat, Plouvara, Saint-Jean-Kerdaniel unterzeichnet. Der Traum von Pater Kerhoas wurde wahr.

1998 kam Pater Kerhoas im Alter von 88 Jahren zum letzten Mal mit einer Jugendgruppe nach Lenggries. Er starb am 18.11.2002.